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TT-Story

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Die Story der TT-Ducatis, 600 TT2/750 TT1/750 F1 RACING
Verfasst von Rudi Wasner

Teil 1:
Die Erfolgsstory der TT-Ducatis

Bis in die achtziger Jahre hinein war die italienische Motorradmarke Ducati aus Bologna berühmt für den Königswellenantrieb an seinen Motorrädern. Die erste Zahnriemen-Ducati war eine 500 cc Armaroli-GP-Rennmaschine von 1973, die von Bruno Spaggiari in der Straßen-Weltmeisterschaft als Werksmaschine eingesetzt wurde. Mit dieser Maschine konnte Fabio Taglioni die ersten praktischen Experimente mit dem Zahnriemenantrieb machen. Die Rennaktivitäten mussten jedoch auf Vorgabe der Firmenleitung hin aufgegeben werden, eine weitere Erprobung des neuen Nockenwellenantriebs war somit nicht mehr möglich.
Von der Pantah 500 wurde das erste Exemplar 1977 auf der Mailänder Messe gezeigt, es handelte sich dabei jedoch um einen reinen Prototypen. Die Auslieferung der ersten Maschinen erfolgte dann 1979, dabei hatte der Motor die Bohrung 74 mm und den Hub 58 mm. Die Zylinder waren Gilnisil-beschichtet (italienische Nikasil-Variante; eine Beschichtung aus Silikon und Kohlepartikeln).
Der erste Renneinsatz einer Pantah auf der IoM erfolgte im Jahre 1979 durch den Stuttgarter Ducati-Tuner und –Liebhaber Alfred Bajohr. Er bohrte den 500er Serienmotor innerhalb des zulässigen Hubraumlimits auf 597 cc (81 x 58 mm) auf und erreichte im Training zur Formel 2 Klasse (Zweitakter von 251 bis 350 cc und Viertakter von 401 bis 600 cc) den sensationellen sechsten Startplatz. Damit sorgte er als absoluter TT-Neuling für einige Aufregung unter den Konkurrenten. Dieser Erfolg des Pantah-Triebwerks war später die Inspiration für Pat Slinn und Steve Wynne von Sports Motorcycles, selbst einen Pantah-Renner bei den TT-Rennen einzusetzen. Bereits beim ersten Einsatz 1981 auf der Isle of Man gelang der Sieg auf einer umgebauten Serien-Pantah. Beim zweiten Lauf zur Weltmeisterschaft in Ulster/Nordirland wurde dann von Fahrer Tony (Anthony) Rutter erstmals eine waschechte TT2-Ducati mit Werksrahmen eingesetzt. Ein zweiter Platz reichte zum Gewinn der Weltmeisterschaft. Tony konnte von 1981 bis 1984 insgesamt vier Weltmeisterschaftstitel in der TT Formel 2 gewinnen, die größten Siege die bis dahin auf einer Ducati errungen wurden. In den folgenden Jahren wurde der von Verlicchi in Bologna gefertigte Rahmen in teilweise abgeänderter Form außer in der TT Formel 2 auch in den Klassen der TT Formel 1 (Viertakter von 601 bis 750 cc) und der Formel 1-Weltmeisterschaft eingesetzt. Weiterhin in der Langstrecken-Weltmeisterschaft und bei vielen nationalen Meisterschaften. Im Werk wurde von der TT2 und der TT1 eine limitiert Stückzahl an Production-Racern aufgelegt und an ausgesuchte Kunden verkauft. Erfolgreiche Fahrer auf TT-Ducatis waren Massimo Broccoli, Walter Cussigh, Virginio Ferrari, Marco Lucchinelli, Walter Villa und Trevor Nation. In Deutschland Dieter Rechtenbach, Rainer Vossen und Rainer Nagel, der 1982 Vizeweltmeister in der TT F2-Klasse hinter Tony Rutter wurde. Maßgeblich beteiligt am Erfolg der TT-Ducatis waren bei Ducati Ing. Dr. Fabio Taglioni, Franco Farnè und Giuliano Pedretti. Auch Pat Slinn spielte hierbei als Freund und Schrauber von Tony Rutter mit eine entscheidende Rolle für den Gewinn der vier Weltmeisterschaftstitel.
Bei den Serienmotorrädern wurde die 600 SL Pantah erstmalig Ende 1980 der Öffentlichkeit vorgestellt, Anfang 1981 wurden dann die ersten Exemplare an die Kunden ausgeliefert. Als weitere Ducatis mit Pantah-Motor folgten bis 1985 die 350 SL, 350 XL, 600 TL und 650 SL. Ducati hat es in diesen Jahren selbst versäumt, eine Straßenversion der überaus erfolgreichen TT-Ducatis auf den Markt zu bringen. Die Produktion von Komplettmaschinen wurde daraufhin von verschiedenen Privatleuten umgesetzte, so z.B. Steve Wynne von Sports Motorcycles, die Firma BKM und Roy Thersby, alle mit Sitz in England. Helmut Thomé, Georg Drewitz, Arno Werkmeister und die Firma WRF aus Berlin produzierten für den deutschen Markt. Die Hersteller der TT-Fahrwerke waren dabei größtenteils die Firmen Verlicchi in Italien und Harris in England.
Die von Ducati gebaute 750 F1, welche als werksseitige Replika der TT-Ducatis zu sehen ist, wurde ab 1985 produziert. Bis 1988 folgten die Sondermodelle Montjuich, Laguna Seca und Santamonica. Als kleinere Schwestermodelle waren von 1986 bis 1988 die 350 und 400 F3 im Programm. Diese Maschinen konnte jedoch zu keiner Zeit an das Image der echten TT-Renner anknüpfen, der Unterschied zum Original war einfach zu groß.
Später wurde nach der Übernahme von Ducati durch Cagiva anfänglich die 350er und die 650er Alazzurra mit Pantah-Triebwerk produziert, später legte die 750 Paso den Grundstock für eine weitere erfolgreiche Geschichte der Pantah-Baureihe, die bis in die heutige Zeit andauert. Und das knapp 30 Jahre nach dem erstmaligem Erscheinen der Ur-Pantah im Jahre 1977, eigentlich unvorstellbar!
Auch heute ist es für den geübten Ducati-Schrauber jederzeit möglich, sich seine eigene TT-Ducati nach den eigenen Vorstellungen aufzubauen. Es muss jedoch, ganz wie zu den Anfangszeiten, eine ordentliche Summe Geld investiert werden, bis die Bella das Laufen richtig gelernt hat. In Sachen Tuning sind dann dem Geldbeutel keine Grenzen gesetzt. Leider kann dann der Fahrspaß nur auf der Rennstrecke ausgeübt werden, da eine Straßenzulassung beim deutschen TÜV mit einem neuen Fahrwerk schon seit Jahren unmöglich ist.

Teil 2:
Die Geschichte der Ducati 600 TT2

Nach jahrzehntelanger Produktion von Einzylinder-Maschinen wurde Ducati erst in den siebziger Jahren richtig berühmt durch Erfolge mit seinen großen Königswellen-V2. Der Doppelsieg bei den 200 Meilen von Imola 1972 durch Paul Smart und Bruno Spaggiari, aber auch der Gewinn des TT-F1 Laufes 1978 auf der Isle of Man durch Mike Hailwood stellten hier Meilensteine in der Erfolgsgeschichte des Werkes mit Sitz in Bologna dar. Der in den Folgejahren entwickelte Pantah-Motor mit leiserem Nockenwellen-Antrieb über Zahnriemen, ein Zugeständnis an die Neuzeit, stand somit in der Pflicht an diese Erfolge anzuknüpfen. Und er tat dies auch mit Bravour und war noch erfolgreicher als die Königswellen-Ducatis vor ihm! Die ruhmreiche Geschichte der TT2 auf Basis des Zahnriemen-Motors wird hier im zweiten Teil der „Ducati TT-Story“ erzählt.
Die Produktion des Pantah-Triebwerks lief im Jahre 1979 an, anfangs war nur die 500 SL Pantah mit Straßenzulassung erhältlich. Bereits im ersten Produktionsjahr wurde vom damaligen Ducati-Händler Alfred Bajohr aus Stuttgart ein umgebautes Straßenmotorrad bei den TT-Races auf der Isle of Man eingesetzt. Der auf 597 cc Hubraum aufgebohrte Motor mit einer Bohrung von 81 mm und einem Hub von 58 mm war wie geschaffen für den Einsatz in der Formel 2-Klasse der Tourist Trophy, kurz genannt der TT2-Klasse, dessen Namen später auch die 600er-Renn-Pantahs von Ducati tragen sollten. Zugelassen für diese Klasse waren Zweitakter von 251 bis 350 cc und Viertakter von 401 bis 600 cc Hubraum. Bajohr erreichte mit seiner selbst aufgebauten Rennmaschine als TT-Neuling im Training den beachtlichen sechsten Startplatz, was damals für einige Aufregung unter seinen Konkurrenten sorgte. Im Rennen konnte Bajohr dann wegen einer feuchten Strecke nicht an seine Trainingsergebnisse anknüpfen, das Risiko eines Sturzes war ihm zu groß.
Im Ducati-Werk selbst begann man erst für die Saison 1980 eigene Renner aufzubauen. Franco Farnè präpariert damals genau vier Maschinen in der Ducati-Rennabteilung für den Einsatz in der italienischen Junioren-Meisterschaft. Mit den Fahrern Wanes Francini, Paolo Menchini und Guido Del Piano waren diese Maschinen auf Anhieb erfolgreich und dominierten ihre Klasse. Als Basis verwendete Farnè die Serien-SL, die mit edlen Komponenten verfeinert wurde und deren Motorleistung 70 PS bei 9.800 U/min betrug. Da jedoch Kolben mit 80 mm Durchmesser verbaut wurden, betrug der Hub nur 583 cc. Bei der Lackierung wurde bereits die Farbkombination rot-gelb gewählt.
Nach diesen hervorragenden Ergebnissen konstruierte Fabio Taglioni dann eines seiner Meisterwerke, die TT2. Genau fünf Maschinen wurden in Bologna hergestellt, bereit um im Winter 1980/81 von den spanischen Fahrern Angel Nieto (14-facher Weltmeister in der 50er- und 125er-Klasse) und Salvador Canellas (Langstreckenfahrer für Ducati) ausgiebig getestet zu werden. Wie gelungen die Konstruktion war zeigte Sauro Pazzaglia bereits beim ersten Renneinsatz 1981 in der italienischen TT2-Meisterschaft: Er konnte einen überlegenen Sieg einfahren. In diesem Jahr konnten beide italienischen Meisterschaften gewonnen werden, für welche die Maschinen gebaut wurden. Die Titelträger waren Massimo Broccoli und Piano Mauro.
Die TT2 verfügte über einen besonders leichten Rahmen der nur 7 kg wog, verwendet wurden gerade Rund-Rohre aus Chrommolybdän-Stahl und gebaut wurde er von Verlicchi in Bologna. Besonders markant an der Konstruktion war der von den Rahmenrohren eingefasste Tank, außerdem die hintere Cantilever-Federung. Vorne wurde eine Magnesium-Renngabel von Marzocchi verbaut, hinten verrichtete ein Monofederbein von Paioli seine Arbeit. Für die Räder wurden vorne und hinten die Magnesium-Felgen von Campagnolo mit 5 Speichen und 18 Zoll verbaut. Bei den Bremsen wurde auf das Brembo-Sortiment zurückgegriffen: Vorne 05er Zangen mit 280er Scheiben und hinten eine Zange mit geschraubter 260er Scheibe, alles aus der Oro-Baureihe. Der Motor lag mit 597 cc nahe am Hubraumlimit, da genau wie zuvor von Bajohr Kolben mit 81 mm verwendet wurden. Sämtliche Innereien wurden erleichtert oder durch hochwertigere Komponenten ersetzt. Das Motorrad war mit einem Trockengewicht von nur 122 kg sehr leicht und besonders kompakt, große Fahrer hatten damit jedoch ihre Probleme. Die typische Lackierung der TT2 war rot mit gelbem Dekor an Tank, Sitzbank und Verkleidung. Ab 1984 trat bei den Werksrennern die Kombination rot-blau in den Vordergrund.
Auf der britischen Insel wurden 1980 im Team von Sports Motorcycles aus Manchester die ersten Vorbereitungen für den Aufbau einer Maschine zum Einsatz in der Formel 2-Klasse bei den TT-Races auf der Isle of Man getroffen. Rennstallbesitzer Steve Wynne ließ sich von seinem damaligen Teamleiter Pat Slinn davon überzeugen, dass die neue Pantah in der Lage sei, das Erbe der Königswellen-Renner antreten zu können. Um jedoch erfolgreich zu sein würde man die Hilfe des Ducati-Werkes benötigen. Steve Wynne hatte hier bereits beste Kontakte zu Ducati, schließlich errang Mike Hailwood 1978 auf einer seiner Maschinen den sensationellen Sieg in der TT F1-Klasse.
Im September 1980 reiste Pat Slinn daraufhin zur Int. Fahrrad- und Motorradausstellung (IFMA) nach Köln um dort den Verkaufsdirektor von Ducati, Dr. Cosimo Calcagnile, den Export Verkaufsdirektor Franco Valintini und Franco Farnè zu treffen. Nach einem sehr langen Gespräch, gefolgt von einem ausgiebigem Aufenthalt in einem Alt-Kölner Restaurant, wurde etwa um Mitternacht folgende Vereinbarung getroffen: Ducati unterstützt die Firma Sports Motorcycles mit einem 500 cc Pantah-Motor und einem Rennkit, wenn das Team einen Fahrer verpflichten kann, der in der Lage ist ein Formel 2-Rennen zu gewinnen. Als Pat wieder zuhause in England ankam kontaktierte er sofort Tony Rutter, den er bereits lange Zeit kannte, und dieser sagte ihm zu die Ducati Pantah im TT Formel 2-Rennen zu fahren. Kurz darauf sandte Ducati den versprochenen Rennkit und einen alten und stark gebrauchten 500 cc Prüfstands-Motor, bei dem bereits das Gehäuse gebrochen war, nach England. Da der Motor schon viele Kilometer gelaufen war, lieferte Ducati auch ein neues Getriebe mit. Pat wurde in das Werk eingeladen um dort 3 Tage zusammen mit dem Motoren-Spezialisten Giuliano Pedretti zu arbeiten. Pat lernte dabei sehr viel über den Pantah-Motor, besonders darüber wie man einen Rennmotor aufbaut.
Ende Februar 1981 kaufte Sports Motorcycles eine Unfall-Pantah 500, die als Basis für den Renner verwendet wurde. Pat verbrachte in der Zwischenzeit viele Stunden nur damit um den vom Werk gelieferten Motor zu überarbeiten. Der originale Pantah-Rahmen wurde von Ron Williams bei Maxton Engineering optimiert. Im Juni konnte Tony Rutter mit dieser Maschine das TT2-Rennen bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 164 km/h gewinnen, was eine neue Rekordzeit darstellte. Als das Ducati-Werk nach diesem Sieg bemerkte, dass Tony die Chance zum Gewinn der Weltmeisterschaft hatte, bekam er für den zweiten Saisonlauf im August 1981 in Ulster/Nordirland eine waschechte TT2 zur Verfügung gestellt. Im strömenden Regen reichte Tony ein zweiter Platz, um den Weltmeisterschaftstitel in der TT F2-Klasse zu erringen. Für Ducati war dies nach dem Sieg von Hailwood 1978 der zweite WM-Titel. In diesem Jahr hatte sich mit durchschlagendem Erfolg gezeigt, wie überlegen die TT2 der Konkurrenz bestehend aus Renn-Zweitaktern und Vierzylinder-Viertaktern war.
Im Jahre 1982 gelang es Tony Rutter wiederholt die Weltmeisterschaft in der TT-F2 für sich zu entscheiden, diesmal war er von Beginn an auf einer reinen Werksmaschine unterwegs. Er gewann dabei alle drei Saisonrennen auf der Isle of Man, in Vila Real/ Portugal und in Ulster. Beim Rennen auf der Isle of Man wurde er beim Streckenabschnitt Verandah mit 232 km/h gemessen. In Italien konnte Walter Cussigh jeden Lauf in seiner Klasse und somit den Titel gewinnen.
In jenem Jahr wurde erstmals im Ducati-Werk eine Kleinserie der TT2 von etwa 20 Stück zum Verkauf an Privatkunden aufgelegt. Diese Maschinen ähnelten sehr stark den Werksmaschinen, der Deutsche Rainer Nagel wurde mit einem dieser Production-Racer sogar Vizeweltmeister in der Klasse der TT F2 hinter Rutter.
1983 wurde Rutter ebenfalls Weltmeister. Beim Rennen auf der Isle of Man gelang Ducati sogar ein Doppelsieg mit dem Sieg von Rutter und dem zweiten Platz von Graeme McGregor auf seiner Sports Motorcycles Ducati. McGregor gelang sogar der Gesamtsieg in der britischen TT2-Meisterschaft. Cussigh konnte erneut den Titel in seiner italienischen Klasse einfahren. In Deutschland gelang es Rainer Vossen auf Anhieb, die Junioren-Pokal-Meisterschaft in der 500-Viertakt-Klasse auf einer selbstgebauten TT2-Replica zu gewinnen. Verbaut wurde dabei der Maltry-Rahmen. Es zeichnete sich jedoch in diesem Jahr ab, dass die TT2 der Konkurrenz nicht mehr so überlegen war wie in den Vorjahren.
In jenem Jahr wurde zum zweiten male eine Kleinserie von Production-Racern aufgelegt, insgesamt wurden ca. 25 Stück gebaut. Diese Production-TT2 wiesen geringe Unterschiede zum Vorjahresmodell auf, so wurde z.B. auf Kundenwunsch vorne ein 16 Zoll-Rad montiert. Die Leistung wurde mit 78 PS bei 10.500 U/min angegeben.
Rutter schaffte es auch 1984, den insgesamt vierten WM-Titel mit seiner Werksmaschine einzufahren. Die WM wurde nun auf insgesamt vier Läufe ausgebaut, Brünn in der Tschechischen Republik kam neu hinzu. Auf der IoM blieb Rutter erstmalig der Sieg verwehrt. In diesem Jahr nahmen die Deutschen Rainer Vossen und Margret Lingen ebenfalls am TT2-Rennen auf der Insel teil, leider mit weniger erfolgreichem Ergebnis. Der Engländer Trevor Nation wurde Vizeweltmeister auf seiner TT2 die wiederum von Sports Motorcycles eingesetzt wurde. Bei den Maschinen von Sports wurden keine Rahmen von Verlicchi verbaut, sondern es wurden Rahmen verwendet, die dem Original sehr ähnlich waren und bei Harris produziert wurden.
1985 zeichnete sich das Ende der TT2-Ära ab. Tony Rutter nahm zwar wieder am Formel 2-Lauf auf der Isle of Man teil und konnte das Rennen auch gewinnen. Verwendet wurde jedoch das Chassis der F1-Racing mit einem 600er-Motor. Dieser Rahmen war eine komplette Neukonstruktion und er verfügte nicht mehr über eine Cantilever-Federung hinten, sondern über eine progressive Federung, vergleichbar mit den heutigen Vierventil-Ducatis.
Das Ende stellte letztendlich der schwere Unfall von Tony Rutter im Formel 1-Rennen im Montjuich-Park in Barcelona dar. Tony hatte das Glück zu überleben, nach einem kurzzeitigem Herzversagen und einem doppelten Genickbruch. Die Karriere war damit für ihn beendet und er wurde trotzdem in der Gesamtwertung noch Vizeweltmeister in der TT F2-Klasse.
In all den Jahren hat es Ducati versäumt, die Erfolge in die Serienproduktion einfließen zu lassen. Es wurde lediglich die Pantah-Baureihe weitergeführt mit verschiedenen Hubraum-Klassen und Ausführungen. Der Verkaufserfolg mit dem Königswellen-Modell „Mike Hailwood Replika“ hatte doch gezeigt, dass der Kunde die Umsetzung der Erfolge aus dem Rennsport in die Serienproduktion durchaus zu schätzen weiß.
So waren es Privatfirmen, die der Kundschaft ihre TT2 mit Straßenzulassung in Eigenregie aufbauten. Allen voran ist hier Sports Motorcycles unter der Führung von Steve Wynne zu nennen. Wynne hat dafür bei Harris in England eigene Rahmen bauen lassen, diese waren vergleichbar mit den Originalen von Verlicchi. Zum Kauf hat er dann ganze Rahmenkits angeboten, zum Aufbau war nur noch eine Serien-Pantah notwendig. Weitere Anbieter in England waren BKM und die Firma von Roy Thersby, dabei verbaute BKM Rahmen von Verlicchi, Thersby stellt diese selbst her.
In Deutschland konnte man Komplettmaschinen über Moto Thomé, die Firmen Werkmeister und Drewitz beziehen, alle ausgestattet mit Verlicchi-Rahmen. Die Fahrwerkkits von Harris waren mit TÜV bei der Firma WRF in Berlin zu bekommen.
In Italien wurden von NCR und De Cecco Komplettmaschinen nach Kundenwunsch aufgebaut, jedoch nur für den Einsatz auf der Rennstrecke.
Als weitere Rahmenhersteller sind noch Daspa und Maltry zu nennen. Daspa aus Italien stellte neben Verlicchi Fahrwerke für das Ducati-Werk her, die Rahmen von Maltry wurden 1982 von Werner Kaiser in Italien in Auftrag gegeben. Die Rahmen dieser beiden Hersteller wurden jedoch ausschließlich für den Rennsport verwendet.
Bereits 1983, als die Überlegenheit der TT2 zu schwinden begann, machte man sich bei Ducati Gedanken, den Hubraum auf 750 cc zu vergrößern. Geschaffen wurden die TT1 und die F1-Racing. Doch mehr dazu im dritten und letzten Teil der „Ducati TT-Story“.

Teil 3:
Die Geschichte der Ducati 750 TT1 und F1 Racing

Im zweiten Teil der Ducati TT-Story wurde ausführlich darüber berichtet, wie erfolgreich die TT2 mit ihrem 600er Motor zwischen 1981 und 1985 war. Insgesamt vier Titel in der Formel 2-Klasse der Tourist Trophy Weltmeisterschaft konnten durch den Engländer Tony Rutter errungen werden. Es zeigte sich jedoch bereits im Jahre 1983, dass die Konkurrenz immer mehr an Boden gewann. Zu jener Zeit machte man sich auch im Hause Ducati Gedanken, mit Blick auf die Zukunft den Hubraum auf 750 ccm zu vergrößern. Weitere Gründe für eine Erweiterung war die immer größer werdende Wahrscheinlichkeit, dass die TT2-Meisterschaft in kurzer Zeit abgeschafft wird. Außerdem war geplant, die Hubraumgrenze bei den Langstrecken- und TT1-Wettbewerben auf 750 ccm zu begrenzen. Dadurch würde natürlich die Konkurrenzfähigkeit der TT-Renner mit dem Zweizylinder-Pantah-Motor gegen die PS-starken Vierzylinder aus Japan erheblich steigen.
Grundlage für die Zulassung bzw. Homologation des neuen Triebwerks war die Ducati 650 SL Pantah, die im Gegensatz zu ihren Vorgängermodellen über einen Kurbelwellen-Hub von 61,5 mm verfügte. Zusammen mit Kolben von 88 mm Durchmesser ergab sich ein Hubraum von 748 ccm. Bei Verwendung der alten Kurbelwelle mit 58 mm Hub wäre ein Erreichen des Hubraumlimits von 750 ccm schwierig und nicht sinnvoll gewesen.
Der erste Auftritt einer Renn-Pantah mit 750 ccm war bereits 1982 bei den 200 Meilen von Daytona in den USA. Der US-Boy Jimmy Adamo belegte mit dieser Maschine den 13. Rang. Tony Rutter war erstmalig 1983 beim BoT-Lauf in Daytona auf einer TT1 unterwegs, er fuhr dabei den hervorragenden dritten Platz ein.
Der Montjuich-Park in Barcelona war bereits seit Jahren bekannt als Ducati-Erfolgsstrecke. Das 24-Stunden-Rennen 1983 hatte zwar keinen Weltmeisterschaftsstatus, das Interesse am Rennen mit insgesamt 250.000 Zuschauern war jedoch sehr groß. Die vom Ducati-Werk eingesetzte und von Franco Farnè vorbereitete Maschine wurde von den Fahrern Benjamin Grau, Enrique de Juan und Luis Reyes bewegt, und zwar überaus erfolgreich: Nach 24 Stunden wurden 708 Runden gezählt, was den ersten Platz bedeutete. Das zweitplazierte Kawasaki-Team hatte ganze 18 Runden weniger. Die eingesetzte TT1 wog nur 135 kg und leistete 86 PS bei 9.000 U/min, es war jedoch nicht erforderlich, über das ganze Rennen das volle Leistungspotential auszuschöpfen.
Aufgrund dieser Erfolge beschleunigte Ducati 1983 die Entwicklung der TT1 und ab der Saison 1984 konzentriert sich die Rennabteilung verstärkt auf Einsätze in den neuen Klassen. Tony Rutter nahm in jenem Jahr erstmalig auch in der WM mit einer Werksmaschine an der TT F1-Klasse teil. Das eingesetzte Motorrad war im Prinzip eine TT2, in der das große Triebwerk eingebaut wurde. Auf der Isle of Man gelang ihm der hervorragende dritte Platz, in der TT F2-Klasse war er nur einen Platz besser. In der Jahreswertung konnte Rutter dann in der F1-Klasse den dritten Platz belegen. Beim Lauf zur TT-F1 WM auf der Isle of Man nahm auch der deutsche Rainer Vossen teil. Er kam auf der Strecke immer besser zurecht, bis er durch einen technischen Defekt ausfiel.
Außer in der TT F1-Klasse wurde die neue 750er auch wieder bei Langstreckenrennen eingesetzt, und das durchaus erfolgreich. Im nicht zur WM zählenden Lauf in Le Mans konnte das Team mit den Fahrern Marc Granie, Philippe Guichon und Didier Vuillemin den vierten Platz erringen, von 54 gestarteten Teilnehmern.
Kurze Zeit später konnte diese Mannschaft bei den 1.000 km von Zeltweg in Österreich auf der Werks-Duc wiederum Vierter werden. Für großes Aufsehen sorgte jedoch das österreichische Privatteam mit den Fahrern. Dr. Franz Kaserer und Josef Zauner. Hinter den Werksmaschinen von Honda und Suzuki konnten beide bei dieser Veranstaltung auf dem Österreichring mit ihrer privat aufgebauten TT1 die fünftbeste Trainingszeit erringen, und das noch vor der Werks-Ducati mit dem fünffachen Weltmeister Walter Villa. Im Rennen lief es dann noch besser, denn Kaserer lag vor dem ersten Boxenstopp an der hervorragenden zweiten Stelle. Die große Ernüchterung folgte dann jedoch zu Mitte des Rennens, als ganz überraschend die Leistung der Batterie nachließ und Josef Zauner auf den immer noch sehr guten siebten Platz zurückfiel. Das endgültige „Aus“ kam dann in der 155. Runde durch Motorschaden.
Bei den weiteren Saisonrennen im belgischen Spa und im italienischen Mugello konnte das Ducati-Team um Granie/Guichon/Vuillemin den dritten und den vierten Rang belegen, in der Meisterschaft reichten diese Ergebnisse zum fünften Platz. Das weitere Werksteam um Walter Villa und Walter Cussigh hatte das ganze Jahr über Probleme mit ihrer TT1, die einzige gute Platzierung war ein vierter Platz beim 8-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring.
1984 wurde vom Ducati-Werk auch wieder eine Kleinserie von sog. Production-Racern für Privatfahrer aufgelegt, wie vergleichsweise bei der TT2. Insgesamt wurden etwa 25 Maschinen aufgebaut. Die Unterschiede zur Production-TT2 waren nur geringfügig. In der TT1 wurde eine breitere Cantilever-Schwinge eingebaut, gleichzeitig wurde das Ritzel weiter nach außen versetzt. Damit war der Einbau eines breiteren Reifens möglich. Dem Hinterrad wurde gleichzeitig eine Schnellwechselvorrichtung spendiert, die einen Wechsel des Hinterrads ohne Ausbau von Bremsscheibe und -zange ermöglichte. Bei der Größe des Vorderrades war mittlerweile 16 Zoll Standard, was jedoch die meisten Kunden nicht davon abhielt, auf 18 Zoll umzurüsten. Wiederholt Verwendung fand die mehrfach verstellbare Marzocchi-Gabel mit Magnesiumteilen und 35 mm Standrohrdurchmesser. Die bei den Production-TT2 verbaute Ölbadkupplung aus den Serien-Pantahs wurde nun endlich durch eine über Seilzug betätigte Trockenkupplung aus dem Hause NCR ersetzt, ganz wie bei den Werksrennern. Die Leistung stieg nun beim hubraumstärkeren Motor auf 80 PS am Hinterrad an, bei Verwendung der gleichen Ventile wie in der TT2. Die Lackierung der TT1 war rot-blau, ganz im Gegensatz zum rot-gelb der TT2-Renner.
In diesem Jahr war der Unterschied zwischen den Werksmaschinen und den Production-Racern erheblich. Der Werksrenner hatte mit 66 Grad einen anderen Lenkkopfwinkel, außerdem wurde erstmalig mit einer anderen Hinterradfederung experimentiert. Es kam ein progressives System zum Einsatz, das an die Full-Floater-Vierkantschwinge von Suzuki erinnerte. Aber gerade diese Änderung am TT1-Rahmen führte zu erheblichen Problemen. Vorne wurden nun auch andere Gabeln getestet, alle mit Rohrdurchmesser von 41 mm und mehr. Die Bremsanlage stellte man um auf 300 mm-Scheiben vorne und 230 mm hinten. Außerdem verbaute man am Vorderrad die neuen Vierkolbenzangen von Brembo mit Schnellverschluss. Es wurden Dreispeichenräder aus Magnesium von Marvic verwendet, und zwar wahlweise in den Größen zwischen 16 und 18 Zoll. Aufgezogen wurden die neuen Radialreifen von Michelin, das Resultat war ein Trockengewicht der Maschine von ganzen 130 Kilogramm.
Als Ergebnis der Probleme aus den Änderungen des TT1-Rahmens wurde ein neues Fahrwerk geschaffen, die 750 F1 Racing. Diese Maschine wurde von Beginn an in den Farben rot-weiß-grün lackiert, an ihr wurden nur noch Räder in den Größen 16 bis 17 Zoll verbaut. Die Anbauteile wie Tank, Sitzbank und Vollverkleidung unterschieden sich komplett von den TT1-Teilen. Über die ganze Saison wurden auch erhebliche Änderungen am Motor vorgenommen. So wuchsen die Ventile auf 44 und 38 mm an, Carillo-Pleuel wurden verwendet und die Verdichtung wurde auf 10,3:1 angehoben. Außerdem wurden 41er Vergaser von Dellorto-Malossi eingebaut. Die Motorleistung stieg durch diese Pflegemaßnahmen auf 94 PS an. 1984 gelang dem späteren Superbike-Piloten Davide Tardozzi der Gesamtsieg in der italienischen TT F1-Meisterschaft. Ebenso erfolgreich waren in Groß Britanien die Piloten Tony Rutter und Trevor Nation mit ihren TT-Ducs unterwegs, sie machten in der BoT-Klasse alle Siege unter sich aus.
Im Jahre 1985 konzentrierte man sich bei Ducati außer auf die Langstrecken-WM nur noch auf italienische Rennklassen, eingesetzt wurde überwiegend die 750 F1 Racing. Virginio Ferrari holte den Titel in der italienischen TT F1-Meisterschaft, zweiter wurde Marco Lucchinelli, die weiteren fünf Plätze wurden ebenfalls von Ducatis belegt. Walter Cussigh wurde Champion in der italienischen Langstrecken TT-F1-Meisterschaft. International blieben die Erfolge im ganzen Jahr jedoch erheblich hinter den Vorjahresergebnissen zurück, trotz großer Anstrengungen durch die Entwickler Fabio Taglioni, Franco Farnè und Walter Villa. Hinzu kam noch der tragische Unfall von Tony Rutter beim Lauf zur TT F1-WM im Park von Montjuich/Barcelona. Rutter hätte dabei beinahe sein Leben verloren, seine Rennfahrerlaufbahn war ab diesem Zeitpunkt ohnehin beendet. Nach dem Neustart des Rennens gelang dem deutschen Dieter Rechtenbach ein sensationeller zweiter Platz. Er war jedoch auf einer privaten Gericke-Cagiva unterwegs, die als Basis einen TT2-Rahmen von Maltry hatte. In der Meisterschaft konnte Rechtenbach Gesamtsechster werden. Ein weiterer Höhepunkt war der sechste Platz von Marco Lucchinelli im Formel 1-Rennen in Daytona.
Im gleichen Jahr konnte Hein Gericke zwei Werks-F1 für das 8-Stunden-Rennen am Nürburgring ergattern. Als Fahrer wurden Manfred Fischer und Dieter Rechtenbach ausgewählt. Die Vorstellung dauerte jedoch nicht allzu lange, da sich das Team nach drei Stürzen zurückziehen musste.
Die Saison 1986 startete vielversprechend, als Marco Lucchinelli den BoT-Lauf in Daytona gewinnen konnte, allerdings auf der neuen Versuchs-851. Die Zeit der luftgekühlten Zweiventiler ging nun zu Ende, die neue Vierventil-Ducati mit Wasserkühlung bahnte sich ihren Weg. Die späteren Erfolge mit diesem leistungsstarken Triebwerk sind uns ja bestens bekannt.
Das letzte große Rennen mit der luftgekühlten F1-Racing war das Pro Twins-Rennen 1987 in Laguna Seca, im Sattel saß Marco Lucchinelli. Neu an der Maschine waren die Gabel von White Power und das GSG Roma-Federbein.
Bei der Serienproduktion entschloss sich Ducati 1985 endlich dazu, die Erfolge aus dem Rennsport mit einfließen zu lassen. Als Ergebnis kam dabei die 750 F1 heraus. Da sie optisch nicht ganz gelungen war, wurde sie für 1986 einer eingehenden Modellpflege unterzogen. Dabei wurden einige Verbesserungen erzielt, Motor- und Fahrleistung blieben jedoch immer noch unter den Erwartungen der Ducati-Gemeinde zurück. Außerdem war die Cantilever-Federung am Hinterrad bereits überholt. Im selben Jahr kam auch das erste Sondermodell in den Handel, die 750 F1 Montjuich. Endlich hatten die Ducati-Fans eine F1-Replika, die ihre Vorstellungen am ehesten erfüllte. Größter Haken waren der hohe Verkaufspreis, außerdem wurden von der Montjuich nur ganze 200 Stück produziert. 1987 folgte die 750 F1 Laguna Seca, an der jedoch bereits billigere Komponenten aus der Paso verbaut wurden. Den Abschluss bildete die 750 F1 Santamonica von 1988, die ebenfalls wie ihre Vorgänger in einer Auflage von 200 Stück produziert wurde. Bereits 1986 wurde ein kleineres Schwestermodell der F1 eingeführt. Die Ducati 350 F3 und die hubraumstärkere Version mit 400 ccm und Sechsganggetriebe für den japanischen Markt wurden bis 1988 produziert.
Rückblickend lässt sich feststellen, dass Fabio Taglioni mit der Schaffung des Pantah-Motors dem Ducati-Konzern Ende der 70er Jahre ein Konzept mit auf den Weg gegeben hat, das die Grundlage für alle heute produzierten Ducati-Motoren darstellt. Die Wurzeln der sportlichen Ambitionen von Ducati gehen bereits zurück zu den Einzylindern in den 50er Jahren. Die großen Königswellen-Renner mit 750 und 900 ccm sorgten dann für die ersten richtig großen und internationalen Erfolge, 1972 in Imola und 1978 auf der Isle of Man. Die Pantah-Renner, vertreten durch die 600er TT2, die 750er TT1 und F1 Racing, führten diesen erfolgreichen Weg weiter, ja sie waren sogar erfolgreicher als sämtliche Ducati-Konstruktionen zuvor. Das verdient Respekt und Anerkennung, auch von der alten Königswellen-Garde. Durch die Weiterentwicklung zum Vierventilmotor mit Wasserkühlung wurde das Tor zum Anschluss an die Technik aus Fernost ganz weit aufgestossen. Ducati war wieder in der Lage, den japanischen Vierzylindern paroli zu bieten, ja sogar zu schlagen. Die zahlreichen Siege und Titel in der Superbike-WM haben es deutlich gezeigt.
In der heutigen Zeit ist bei verschiedenen Classic-Veranstaltungen der klare Trend zu erkennen, dass immer mehr Fahrer auf die Stärken der TT-Ducatis setzen. Die Szene lebt und ist in Bewegung, und das ist gut so.
 

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